Entdecken Sie Fantasy mit Kauz Zach | Ruhrpottstory
Mit einer fesselnden Mischung aus Fantasy und Dystopie entführt Sie Jörg Krämers Roman "Gefährten der Hoffnung" in eine Welt voller Spannung und Gefahr. Der Roman, publiziert vom Net Verlag, gewährt ein mitreißendes Leseerlebnis, vor allem durch die einzigartige Perspektive eines schlauen Kauzes, der die Geschichte auf unvergleichliche Weise erzählt.
In dieser dystopischen Zukunft, bevölkert von Mutanten und zum Leben erwachten Kreaturen, erlebt Erik mit seiner großen Liebe Irinskat Momente des Glücks. Doch ein dramatischer Wendepunkt ereignet sich, als Irinskat und ihre Tochter Nanuk von Marodeuren entführt werden. Odin, der vierbeinige Begleiter in Gestalt eines mächtigen Bärenhundes, wird zu Eriks Hoffnungsschimmer bei der Rettung seiner Geliebten. Auf ihrer turbulenten Reise begegnen sie Giada, einer italienischen Kriegerin, deren Rolle im Laufe ihrer gefahrvollen Mission immer entscheidender wird. Erik steht vor der Herausforderung, sein düsteres Geheimnis zu bewahren – ein Geheimnis, das das Schicksal all seiner Gefährten bestimmen könnte. Der Kauz Zach, Nanuks treuer Freund, erweist sich als wertvoller Späher für die Gruppe und hält ihre Abenteuer für die Nachwelt fest.
Die Berge
Um die Mittagszeit erreichten wir Gattern. Ein Dorf mit fast dreihundert Einwohnern. War es jedenfalls mal. Als Vorhut flog ich einmal durch die Gassen. Es gab keinerlei Lebenszeichen. Eine kurze Info an Odin, und schon erschien der Hund am Dorfeingang und kontrollierte die Häuser. Eine halbe Stunde später kehrten wir zu den Menschen zurück. »Lasst uns nachsehen, ob wir noch etwas Brauchbares finden!«, meinte Giada, »vielleicht ein funktionierendes Bad.« »Machen wir. Zach kann inzwischen versuchen, Hajo aufzuspüren. Dann haben wir beim Aufbruch gleich die richtige Richtung.« Irgendetwas stimmte mit Erik nicht. Normalerweise wäre er sofort losgeschossen, um Hajo keine Sekunde zu schenken. Jetzt stand er da, sah die Menschenfrau an, grinste und stimmte einer unnötigen Verzögerung zu. Na ja, keine Pause für mich. Während sich meine Kameraden ein schickes Nest suchten, machte ich mich auf, die Plünderer zu suchen. Die grobe Richtung war klar, Kreise zu fliegen nicht notwendig. Tagsüber zu fliegen machte mir immer noch 162 Angst. Es gab kaum Deckung vor den tagaktiven Greifern. Deshalb musste ich konzentriert bleiben, konnte nicht einmal meine Gedanken zu Lea schweifen lassen. Meine Stimmung sank. Zweimal versuchte ich, mir eine Maus zu fangen, zweimal griff ich ins Leere. Meine Stimmung sank tiefer. Hungrig und übellaunig machte ich erst einmal eine Pause. Eine hohle Weide diente mir als Unterschlupf. Als die Nacht anbrach, flog ich weiter. Aus dem Unterholz kam ein leises Fiepen. Die Maus hatte keine Chance. Sie bemerkte mich erst, als meine Krallen in ihr Genick einschlugen. Das warme, blutige Fleisch verbesserte meine Laune enorm. Gestärkt kam ich meiner Aufgabe nach. Gegen Morgen holte ich Hajos Leute ein. Sie hatten sich in einer Stadt namens Liezen breitgemacht. Ihre Spur zu finden und ihr zu folgen war einfach. Eine Elefantenherde hätte keine deutlicheren Spuren hinterlassen können. Ich erreichte die Stadt völlig unbehelligt. Roks, die ich unterwegs bemerkt hatte, waren zu weit weg, um Kenntnis von mir zu nehmen. Ich kreiste hoch über der Stadt und versuchte, 163 die Anzahl der Plünderer zu schätzen. Ich kam auf siebenundvierzig Menschen. Dazu kam noch eine große Horde südlicher Roks, die etwas abseits lagerten. Ich hatte genug gesehen. Niemand hatte mich bemerkt. Gemächlich ließ ich mich auf das nächste Waldstück zu gleiten. Das Jagen verschob ich auf den Abend. Jetzt musste ich erst mal schlafen. Im Wipfel einer alten Zeder fand ich ein geeignetes Versteck. Sofort fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Bei Einbruch der Dämmerung wurde ich wach. Zur Orientierung musste ich hoch in die Luft, ein paar Kreise fliegen. Hier in den Bergen hatte ich arge Probleme mit den Richtungen. Aber nun ging es auf direktem Weg zurück zu meinen Kameraden. Plötzlich stellten sich meine Nackenfedern auf. Ich ließ mich absacken und verkroch mich in einem knorrigen Haselstrauch. Jetzt erst blickte ich mich um. Direkt über mir verdunkelten die Schwingen eines riesigen Vogels den Mond. Aber war das wirklich ein Vogel? Er hatte Ähnlichkeit mit einem Reiher. Den langen Hals mit dem spitzen Schnabel nach vor- 164 ne gestreckt, kreiste er über mir. Mein Schnabel wurde ganz trocken. Der Vogel brannte. Das war keine Einbildung! Er leuchtete glutrot. Seine buschigen Schwanzfedern und seine großen Schwungfedern zogen Flammen hinter sich her. Ich drückte mich tiefer in mein Versteck. Das Vieh kreiste noch ein paar Minuten über mir. Gerade so, als könnte es mich spüren. Dann verschwand es Richtung Liezen. Am ganzen Körper zitternd nahm ich meine Reise wieder auf. Einige Stunden und sechs erlegte Mäuse später stieß ich auf meine Gefährten. Ich übermittelte Odin alles, was ich in Erfahrung gebracht hatte, einschließlich meiner Begegnung mit dem Feuervogel. Erik gönnte mir keine Pause. Wir zogen sofort weiter. »Sei vorsichtig, wenn du dem Vogel begegnest! Niemand weiß genau, wozu Feuervögel in der Lage sind.« Odins Gedanken klangen besorgt. »Ich pass auf.« Genau genommen wollte ich dem Vogel nicht noch einmal begegnen. Die nächsten Stunden vergingen ruhig. Das stetige Bergauf war keiner von uns gewöhnt. Auch mir nahm die dünne Luft den Atem beim Flie- 165 gen. Wir hielten in gerader Linie auf Liezen zu. Erik war sich sicher, dass sich Hajo nicht die Mühe machen würde, viele Wachen aufzustellen. Weswegen auch? Er hatte die Roks als Verbündete, und freie Menschen gab es nur wenige. Apropos Roks; wir liefen geradewegs auf eine Horde Roks zu. Ich musste Odin warnen. »Wie viele sind es? Und welcher Art?« Odins Fragen ließen mich noch einmal im vollen Tempo die Roks überfliegen. »Zwölf, keine südlichen Roks.« »Gut.« Damit schoss Odin zu Erik. Noch bevor Odin sich wieder meldete, war klar, dass wir nicht ausweichen würden. Meine Gefährten hatten bereits Kampfposition eingenommen. »Wir geh’n direkt drauf«, klang es dann auch in meinem Kopf. Ich nahm wieder meine Beobachtungsposition ein. Inzwischen hatten die Roks die Menschen auch bemerkt. Sie zogen ihre schartigen Schwerter und rannten auf meine Gefährten zu. Das heißt auf Erik. Giada und Odin waren seitlich abgetaucht, während Erik einfach auf die Roks zu spazierte. Der Anführer stürzte sich auf Erik! Und stoppte abrupt, als Eriks Schwert seinen Hals durchbohrte. Mein Gefährte hatte sein Schwert so schnell gezogen, dass ich es gar nicht 166 mitbekommen hatte. Zeitgleich nahmen Giada und Odin die Horde in die Zange. Giadas Klinge zuckte schneller durch die Körper, als ein ungeübtes Auge sehen konnte. Der Hund war noch schneller. Als Erik sich dem Trupp zuwandte, waren die Roks nur noch eine blutige Masse. Das Team wurde immer effizienter. Keiner von uns war verletzt. Es ging sofort weiter. Erik drückte jetzt wieder aufs Tempo. Gegen Abend sahen wir die Silhouette von Liezen. Odin rückte zu mir auf. »Wir beide kundschaften die Stadt aus.« »Gut.« Ich sackte tiefer. »Sei vorsichtig, Vogel!« »Seit wann bist du so fürsorglich?« »Na ja, du bist der Einzige, der fliegen kann.« Genug geflachst! Langsam drangen wir in die Stadt ein. Ich führte Odin zu der Stelle, wo ich die Plünderer gesehen hatte, vorbei an dem Lindwurm aus Metall bis zu dem Platz vor dem Rathaus. Überall lag Müll herum. Es stank entsetzlich. Aber es waren weder Menschen noch Roks in der Nähe. Die Horde muss kurz nach mir aufgebrochen sein. Odin war bereits auf dem Weg zum Ortsaus- 167 gang. »Sie halten sich weiter an die Straße Richtung Graz. Lass uns Erik informieren!« »Lauf schon mal vor! Ich komme sofort nach. In dem kleinen Waldstück da vorne habe ich Haselmäuse gesehen. So eine Delikatesse kann ich mir nicht entgehen lassen.« »Gut, aber mach schnell!« Ich machte mich auf den Weg zu dem Waldstück. Da es inzwischen schon dämmerte, waren meine Erfolgsaussichten, die flinken Haselmäuse zu fangen, ganz gut. Ich wechselte in den Jagdmodus. Ich war gut in Form; die Haselmäuse bemerkten das Verderben nicht, das auf sie zu kam. Ich war völlig auf meine Beute fokussiert. Eine Haselmaus zu erwischen war eine Herausforderung. Sie waren viel flinker als die trägen Haus- und Feldmäuse.
Biografie trifft Fantasiewelten bei Ruhrpottstory
Kurz irritierte mich ein Schatten über mir. Doch das rettete die Maus nur kurz. Ich erwischte sie mitten im Sprung. Meine Krallen schlugen ihr ins Genick. Ich suchte mir einen bequemen Ast, um meine Beute zu verschlingen. Der frische Blutgeruch machte mich ganz kribbelig. »Gibst du mir was ab?« Mir fiel die Maus aus dem Schnabel. Das konnte nicht sein! »Na na, Zach. So mit offenstehendem Schnabel bist du nicht so beeindruckend.« 168 Meine Kiefer klappten zusammen. »Lea?« »Ja, meinst du, ich kann nicht fliegen?« »Ähh.« »Na, was ist jetzt mit der Maus?« »Sofort! Flieg nicht weg.« Meine Lea war hier. Unglaublich! Und sie nahm mich wahr. Überglücklich sammelte ich die Maus auf, flatterte wieder hoch zu Lea und legte ihr die Beute zu Füßen. »Danke, Süßer«, säuselte sie. »G-G-Gerne«, stotterte ich. »Komm mit! Ich habe eine gemütliche Baumhöhle für uns gefunden.« Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich folgte ihr durch den Wald, über Lichtungen, hoch hinaus auf den Berg. Wieder hatte ich das Gefühl, als würde ein Schatten auf mir liegen. »Kommst du?« Lea drängte. Ich beschleunigte und jagte in vollem Tempo hinter ihr her. Keinesfalls sollte sie denken, ich sei eine lahme Ente. An ihrem Bau angekommen, bremste sie mich dann aus. »Ich hab noch Hunger, Zach. Fängst du mir ein paar Mäuse?« Dabei schmiegte sie sich eng an mich. Die nächste Stunde verbrachte ich mit Jagen. Ich brachte ihr sieben Mäuse. Jetzt ließ sie mich in ihr Nest! Frustriert schaute ich sie an. Da lag meine Lea, tief und fest am Schlafen. Ich kuschelte mich ganz nah an sie ran. Schnell schlief auch ich ein. Als ich aufwachte, schnitt mir ein stechender Schmerz durch den Kopf. Gleichzeitig schien Lea zu flimmern. Egal! Ich war einfach nur glücklich, in ihrer Nähe zu sein. Als Lea aufwachte, fragte sie gleich nach Futter. Sofort flog ich los. Maus auf Maus endete in meinen Krallen. Die Haselmauspopulation war am Aussterben. Erst als ich völlig erschöpft war, gab sich Lea zufrieden. Jetzt war mir nach einer Belohnung. Trotz Erschöpfung begann ich zu balzen. Und wieder enttäuschte Hoffnung! Offensichtlich satt, zeigte mir meine Angebetete die kalte Schulter. So ging es den ganzen Tag weiter. Ich ließ mich dadurch nicht entmutigen. Bei manchen Weibchen dauerte es halt länger, sie zu erobern. Zur Dämmerung wollte ich mich wieder an sie kuscheln. Aber sie schrie plötzlich ganz jämmerlich auf. Alles flimmerte. 170 Ich konnte sie kaum noch erkennen. Panik stieg in mir auf. »Lea, was ist!?«, schrie ich. Was passierte mit meinem Engel? Ihre Schreie wurden immer lauter. Ihr Körper verformte sich. Jämmerlich fiepte ich mit. »Zach!«, dröhnte es in meinem Kopf, »komm zu dir!« »Häh?«, antwortete ich wie ein Depp. Was war das überhaupt für eine Stimme? »Zach!« Lauter diesmal. Mein Kopf wollte platzen. Und Lea? Lea sah jetzt aus wie der verdammte Feuervogel. Nur kleiner. Was war hier los? Die Panik krallte mich wieder. »Lea!«, schrie ich. »Das ist nicht Lea!« Wieder diese verfluchte Stimme in meinem Kopf. Die musste da raus. Kraftvoll schlug ich meinen Kopf gegen den Ast. Und … fing an zu taumeln. Es half nichts. Die Stimme blieb. »Komm endlich zu dir, Zach, verfluchter Vogel!« »Lass mich in Ruhe, Odin!« Odin? Wo kam denn der Hund jetzt her? Und was war mit Lea? »Endlich, Zach. Deine kleine Freundin war nie hier. Was da im Nest sitzt, ist des Feuervogels Junge. Und du fütterst es die ganze Zeit.« 171 Ich schüttelte mich. Vor mir saß wirklich ein kleiner Feuervogel. »Hast du es kapiert?« Odins Stimme klang ungeduldig. Ich schaute mich um. Unter mir hatten sich meine Gefährten versammelt. Odin stand auf dem Rücken des Feuervogels. An dessen Kopf bildete sich eine riesige Beule. Giada ließ grinsend eine selbstgebaute Schleuder ums Handgelenk kreisen. »Was ist mit mir passiert?«, wollte ich von Odin wissen. »Das Vieh hier unter mir hat deine Gedanken manipuliert, damit du seine Brut fütterst. Hatte ich dich nicht vor ihm gewarnt?« Hmm, als hätte ich irgendetwas dagegen unternehmen können. Also keine Lea. Todtraurig flog ich zum Hund. »Und jetzt?« »Jetzt suchen wir Hajo. Du erinnerst dich? Deshalb sind wir hier.« »Ja.« Aber ohne Lea. Was machte das dann für einen Sinn? »Aua!« Odin hatte mir in den Po gezwickt. »Was soll das?«, keifte ich ihn an. »Hör auf mit dem Gejammer! Du wirst deine echte Lea schon noch bekommen. Jetzt müssen wir weiter. Wenn der Feuervogel aufwacht, sollten wir schon weit weg sein.« »Warum dreht ihr ihm nicht einfach den Hals um?« 172 »Magische Wesen zu töten bringt Unglück«, erklärte Odin, »außerdem haben wir bestimmt sein Revier verlassen, bis er zu sich kommt.« Mehr Erklärungen würde ich von dem Hund nicht bekommen. Immer noch tieftraurig ließ ich mich auf Odins Rücken nieder und von ihm Richtung Straße tragen. Zum Fliegen war ich zu deprimiert. Erik und Giada schauten sich an, zuckten mit den Schultern und nahmen Odin und mich in die Mitte. Als wir Liezen erneut erreichten, hatte ich mich wieder einigermaßen gefangen. Ich nahm meinen Platz an der Spitze ein und sondierte den Weg, Odin dicht unter mir. Wir mussten nicht lange suchen. Die Plünderer hatten sich immer noch nicht die Mühe gemacht, ihre Spur zu verwischen.